Mehrgenerationen-Wohnprojekt rückt näher

Interessenten aus ganz Deutschland melden sich – Gesundheitszentrum, Gewerbe und Begegnungsräume sind eingeplant

Von Silke Beckmann, 07.04.2021, Rhein-Neckar-Zeitung, https://www.rnz.de/nachrichten/bergstrasse_artikel,-ladenburg-mehrgenerationen-wohnprojekt-rueckt-naeher-_arid,653662.html

Dieses Grundstück in der Nordstadt möchte die Planungsgemeinschaft „Vielfalt“ bis Jahresende kaufen – und dann möglichst Ende 2023 ihr lang geplantes Mehrgenerationen-Heim bewohnen. Foto: Beckman

Ladenburg. Auf 6700 Quadratmetern soll im Neubaugebiet Nordstadt-Kurzgewann ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt entstehen. Die künftigen Bewohner gestalten das Leuchtturmprojekt seit geraumer Zeit mit professioneller Begleitung aktiv mit. Die Resonanz war enorm, als die Planungsgemeinschaft „Vielfalt in Ladenburg“ die Idee Anfang 2018 vorstellte. Seit das Berliner Büro Arch.id den Architektenwettbewerb im vergangenen Jahr für sich entschied, hat sich viel getan – Corona zum Trotz.

„Wir sind gerade in der Endphase der Vorplanung“, berichtet Heiko Zillich, Geschäftsführer der „Planungsgemeinschaft Vielfalt“, die 2017 in Form einer GbR gegründet wurde. So stehen in den vier Häusern insgesamt 7500 Quadratmeter oberflächliche Nutzfläche zur Verfügung.

Rund 70 Wohneinheiten

Da ein Teil der Fläche einem Gesundheitszentrum sowie Gewerbeeinheiten zur Verfügung stehen soll, werden auf dem gesamten Gelände „um die 70 Wohneinheiten“ entstehen mit einer Durchschnittsgröße von je 80 bis 85 Quadratmetern, erklärt Zillich. Die Zuschnitte sind aber nicht in Stein gemeißelt, sondern können noch individuell verändert werden. Bislang sind 13 Wohneinheiten belegt: „Wir freuen uns über Zuwachs“, betont Zillich; in Kürze können Grundrisse samt Preiszuordnungen präsentiert werden.

Ein Blick zurück zeigt, dass der Ursprungsgedanke noch in viel kleineren Größenordnungen rangierte. So hatte der gemeinnützige Verein habito, dessen Projektleiter Heiko Zillich ist, schon früh zum damaligen Bürgermeister Rainer Ziegler Kontakt aufgenommen. Denn Hauptbereich des Vereins ist die Begleitung von Menschen mit Handicap, unter anderem im Kontext der Betreuung des Mehrgenerationenhauses in Heidelberg. So etwas schwebte habito auch für Ladenburg vor, der Verein hielt es für sinnvoll, es schon in der Planungsphase des Neubaugebiets mitzudenken. Vereinsmitglieder nahmen später auch an den Planungswerkstätten in der ehemaligen Martinsschule teil. „Ursprünglich hatten wir eine deutlich kleinere Einheit im Kopf, aber von Beginn an war klar, dass wir Menschen mit Handicap integrieren wollen.“ Zu den 13 bislang belegten Wohneinheiten gehört auch die Cluster-Wohnung von habito für bis zu acht Bewohner. Insgesamt lasse sich mit den jetzigen Dimensionen deutlich mehr umsetzen, gleichzeitig bergen sie Herausforderungen: Die Planung ist viel aufwendiger, und es geht um weit mehr Geld.

In der „Vielfalt“-Kerngruppe herrscht Vorfreude. Corona habe zwar Zeit und Nerven gekostet, sagt Fred Hammerschlag, aber es geht vorwärts. Die Planung mit Architektin Inka Drohn ist in vollem Gange. So fanden in den vergangenen Monaten regelmäßig virtuelle Workshops statt, in denen „große Etappen zusammen erarbeitet wurden“. Die Architektin wohne selbst in einem ähnlichen Projekt, habe also viel Erfahrung und bei Berücksichtigung der Bedürfnisse aus den „Vielfalt“-Reihen immer das große Ganze im Blick. Das betrifft inzwischen auch Themen, wie das Grundstücksgefälle, wo ebenerdige Eingänge oder Rampen erforderlich sind. „Mit jedem Schritt, den es weitergeht, wird es präziser“, so Hammerschlag.

Fest steht unter anderem, dass ein Gesundheitszentrum einziehen soll. Darin: die Ergotherapie-Praxis eines der Mitglieder, darüber hinaus laufen Gespräche mit Arztpraxen. Diagonal dazu wird ein Café eingerichtet. Und es wird Begegnungsräume geben, wobei unterschieden wird zwischen „Vielfalt“-internen und öffentlichen Räumen. Die Idee eines Lebensmittelhandels musste modifiziert werden. Laut Zillich hatte ein Unternehmen, mit dem bereits Gespräche stattfanden, einen Flächenbedarf von bis zu 400 Quadratmetern zugunsten wirtschaftlicher Rentabilität angemeldet.

Was sich mit Rückmeldungen auch anderer Firmen deckte, sodass die GbR mittlerweile an der Verwirklichung einer sogenannten Foodcoop (ein Kofferwort aus den Bestandteilen „Nahrung“ und „Kooperative) arbeitet und dabei an Direktvermarktung denkt. „Da soll auch ein stückweit die Unverpackt-Idee einfließen“, so Zillich. Nachhaltigkeit ist das große Stichwort, dem sich das Projekt verschrieben hat: „Uns ist wichtig, dass wir enkeltauglich bauen“, umschreibt Hammerschlag die geplante klimaneutrale Bauweise nach energiesparendem „KFW 40 Plus“-Standard. Eine Holz-Hybrid-Bauweise, bei der ein Stahlbetonskelett die tragende Konstruktion bildet.

Zu den nächsten Schritten gehören „intensive Gespräche mit der Stadt“, erklärt Hammerschlag. Deren Optionsvereinbarung für das Grundstück gilt bis Jahresende – bis dahin soll planmäßig der Kauf erfolgt sein. Ein halbes Jahr später könnte der Baubeginn sein. Kevin Schönleber, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Aufnahme, skizziert eine Bauzeit von eineinhalb bis zwei Jahren. Mit seiner dann vierköpfigen Familie wird er auch in das Mehrgenerationenhaus einziehen.

Bei diesem Verfahren habe man es mit einer langen Zeit der Ungewissheit und des Risikos zu tun, räumt Hammerschlag ein. Tausende Arbeitsstunden steckten bereits in dem Projekt, und es seien hohe Summen investiert worden. „Es wird funktionieren“, ist Schönleber zuversichtlich. Die Nachfrage sei groß und komme aus ganz Deutschland und allen Altersgruppen. Aus Hannover und Kassel hätten sich Interessenten gemeldet, die Ladenburg bei einer Fahrradtour kennengelernt hatten. Auch die neue Draußenschule wurde bereits als Kriterium für einen möglichen Einstieg genannt. Die Planungsgemeinschaft freut sich nun auf neue Mitglieder, denen bald auch Exposés von freien Wohnungen vorgelegt werden können.

Info: Mehr zum Projekt gibt es im Schaufenster der Hauptstraße 6 oder auf der Homepage im Internet unter der Adresse www.vielfalt-ladenburg.de.

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